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Der Künstler als Hacker – Von Duchamp bis Banksy und Arcangel

Die marodierende Hacker-Truppe LulzSec ist zurzeit in aller Munde. In den letzten Wochen zogen sie durchs Netz, klauten, was nicht niet- und nagelfest war und verbreiteten Chaos und Verwüstung. Aber was ist ursprünglich eigentlich ein Hacker? Wir haben es bei LulzSec wohl eher mit Trollen zu tun – nicht mit Hackern im klassischen Sinn, sondern einer neuen Generation – vielleicht der ungestümen Jugend.


Hier lohnt ein Blick ins Jargon File. Dabei handelt es sich um ein wesentliches Nachschlagewerk zur Hacker-Ethik und –Kultur. Das Lemma zum »Hacker« beschreibt das Selbstverständnis einer Subkultur, die sich besonders durch den kreativen Umgang mit Systemen auszeichnet und gar nichts Böses im Sinn hat:


»hacker: n.

[originally, someone who makes furniture with an axe]

1. A person who enjoys exploring the details of programmable systems and how to stretch their capabilities, as opposed to most users, who prefer to learn only the minimum necessary. [...] A person who delights in having an intimate understanding of the internal workings of a system, computers and computer networks in particular.

2. One who programs enthusiastically (even obsessively) or who enjoys programming rather than just theorizing about programming.

3. A person capable of appreciating hack value.

[...]

6. An expert or enthusiast of any kind. One might be an astronomy hacker, for example.

7. One who enjoys the intellectual challenge of creatively overcoming or circumventing limitations.

[...]« [komplett hier]


Die im Jargon File beschriebenen Strategien, die einen Hacker ausmachen, finden sich auch in der Kunstwelt. Ein Protagonist ist dabei natürlich der Übervater der Moderne – Marcel Duchamp –, der seine Readymades in die Galerien brachte und somit zu einer Erweiterung des Kunstbegriffs beigetragen hat. Er hat die Regeln des Spiels erweitert; das Betriebssystem Kunst gewissermaßen umprogrammiert.


The Creators Project hat einen wunderbaren Beitrag zu diesem Thema. Der Autor Gregory Finch schreibt exemplarisch, in aller Kürze eine Kunstgeschichte des Hackers mit den 10 größten Hacks im Kunstkontext. Beginnend mit Duchamps Fountain aus dem Jahr 1917 über Andy Warhols Campbell's Soup Cans kommt Finch auch zu Künstlern, die für diesen Blog eine hohe Relevanz besitzen. Zweckentfremdung, Umnutzung und überraschende Rekontextualisierung sind wichtige Schlagworte in diesem Zusammenhang.


Eva and Franco Mattes gebärden sich eher wie Trolle und binden der Kunstwelt 1998 mit ihrer erfundenen Künstlerpersönlichkeit Darko Maver einen gehörigen Bären auf. [NSFW! Vorsicht beim Weiterlesen zu Darko Maver; teilweise ist hier Bildmaterial von Leichen zu sehen, das extrem schockierend ist!]


Cory Arcangel hat ein Super Mario-Spiel gehackt und damit eines der bekanntesten Medienkunstwerke der letzten 10 Jahre geschaffen. Die Yes Men und Banksy runden die Liste ab.


Finch bemerkt eingangs zu den Strategien des Hackens im künstlerischen Kontext:
»Continuing these traditions into the future are the experimental web art collective Artzilla, net artist Paolo Cirio and tech project aggregator F.A.T. Labs. Some of their works include China Channel which modifies your Firefox GPS to experience China’s internet censorship, Google Alarm, which rings an alarm each time Google indexes browsing habits, and the Face to Facebook project where Cirio scraped Facebook for 1 million profiles for a fake dating website, a succinct commentary on our lack of privacy in today’s web culture.«


Zum Weiterlesen:

Levy, Steven: Hackers: Heroes of the computer revolution, Sebastopol, Calif. [u.a.], 2010

Pias, Claus: Der Hacker, In: Horn, Eva; Kaufmann, Stefan und Bröckling, Ulrich [Hrsg.]: Grenzverletzer: von Schmugglern, Spionen und anderen subversiven Gestalten, Berlin, 2002, s. 248-271

Raymond, Eric S.: The Jargon File (version 4.4.7), 2003, http://www.catb.org/jargon/html/index.html

Düllo, Thomas und Liebl, Franz [Hrsg.]: Cultural hacking: Kunst des strategischen Handelns, Wien [u.a.], 2005


Bildmaterial von The Creators Project