content_menu_tooltip
resizing stage
resizing stage

kontakt


name
email

ja, ich möchte den email newsletter
text

abschicken
zurückvor

Interview mit Thomas Lindemann

Thomas Lindemann war einer der ersten Journalisten, die das Thema Games auch in die Feuilletons gebracht haben. Der ehemalige Redakteur der Welt arbeitet inzwischen frei für verschiedene Magazine und betreibt den Blog games-feuilleton.de. Zusammen mit seiner Frau Julia Heilmann schreibt er Bücher über die Tücken des Eltern werden – »Kinderkacke, das ehrliche Elternbuch« stand 2010 monatelang auf der Spiegel-Bestsellerliste. Bei der Next Level Conference war er zu Gast beim Panel »Schreiben über Spiele«.


Welche Probleme stellen sich beim Schreiben über Games?


Eigentlich gibt es nur Probleme. Aber es ist ein tolles, aufregendes Thema, bei dem auch Kulturkritik eine wichtige Rolle spielen kann. Die meisten Fachmagazine sind sehr technisch ausgerichtet, da gibt es immer noch diese absurde Prozentbewertung. Games werden nach Prozentpunkten bewertet. Man müsste sich mal überlegen, dass der neue Roman von Martin Walser im Feuilleton eine Wertung von »77 %« bekäme. Das ist doch absurd! Das könnte man sich ja nicht mal beim neuen James Bond-Film vorstellen. Ich finde, so technizistische Wertungen machen wenig Sinn, sondern Kritiken sollten schon etwas komplexer sein. »Catherine«, dieses japanische Horrorspiel, wäre ein Paradebeispiel dafür. Technisch gesehen war das nicht unbedingt herausragend, aber es hatte eine ganz irre Geschichte. Die Hauptfigur verliebt sich in eine Dämonin, die ihn nachts auf Traumreisen mitnimmt. Ein bahnbrechendes Spiel mit einer großartigen Geschichte, aber aufgrund technischer Mängel bekam das relativ niedrige Bewertungen und ist deswegen durchgefallen.


Sie waren einer der ersten Kulturjournalisten, der über Games geschrieben hat.

Wie schwer war es, Games im klassischen Feuilleton als Kulturgattung zu installieren?


Sehr schwer. Ist es nach wie vor. 2005 habe ich als Volontär bei der Welt meinen ersten Artikel über Games geschrieben. Gegen enorme Widerstände, ich musste dem Chefredakteur lange erklären, was das überhaupt soll. Aber es hat funktioniert. Ich habe das im Feuilleton installiert und fünf, sechs Jahre lang gemacht. Mittlerweile arbeite ich als Freelancer, weil die Zeitungen das Thema eher nachrangig behandeln. Bei den großen Zeitungen findet man vielleicht einmal im Monat einen Artikel zum Thema Games, obwohl es ein so fantastisches Thema ist.


Welches aktuelle Game hätte ihrer Meinung nach das Potential,

auch in Feuilletonkreisen zum Konsensthema zu werden?


Vermutlich »Grand Theft Auto 5«. Das ist traditionell ein Thema, das ab und an auch in den Feuilletons wird. Man wird ohnehin erschlagen von den Plakaten, die überall in der Stadt hängen, und die Söhne der Redakteure spielen das auch alle. Da kommt man schwer drum herum. Als »Grand Theft Auto 4« herauskam, meinte ein Kollege zu mir: »Mein Sohn hat heute das erste Mal das Feuilleton der Welt gelesen, weil es eine Rezension zum Spiel gab«. Die Gewalt, diese Amoralität, da kommen halt ganz einfache Reflexe zum Tragen: Das ist bloß ein Spiel, also kann ich mir alles erlauben! Das ist ja das tragende Element von »Grand Theft Auto«, aber eigentlich ist das Spiel gar nicht so revolutionär. Viel spannender fand ich »Dishonored«, für mich das Spiel des Jahres. Weil man es auf ganz verschiedene Weisen spielen kann. Der Spieler hat eine ganz simple Aufgabe – er muss einen Diktator umbringen. Man kann es aber auch so spielen, dass man im ganzen Spielverlauf niemanden umbringt, sondern den Diktator einfach in gewisse Intrigen verstrickt, so dass der sich im Prinzip selbst erledigt. Du hast also die Wahl zwischen zwei völlig verschiedenen Spielweisen.