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Kritik an Games-Kritik: Wie kann man sinnvoll über Spiele schreiben?

Nicht nur das Magazin GEE – als Beispiel für deutschsprachigen »New Games Journalism« – steckt gerade in einer Krise. Laut Christian Schmidt braucht es generell eine neue Art, über Computerspiele zu schreiben. Auf Spiegel Online meldet er sich zu Wort und kritisiert die deutschen Fachmedien aufs Heftigste. Schmidts Artikel fegt gerade durchs Netz.


Schmidt plädiert gegen das Testen von Spielen als Produkt und für das Schreiben über Spiele als Kulturgut und Kunstwerk abseits von Wertungen in Prozent und Grafik-Fetischismus. Er fordert eine intelligente Games-Kritik; kein Sezieren aller Spielmodi und stumpfes Aufzählen aller verfügbarer Waffen und Features.

Seine Forderungen lauten im Zitat:


- Sie [Games-Kritik] muss aufhören, Spiele als Summe einzelner Teile zu begreifen. Sie muss ihren Blick auf das Ganze richten, den Kontext kennen und Einordnung geben.

- Sie muss intelligenter werden, sie muss die Funktionsbeschreibung zurückschrauben zugunsten der Interpretation. Sie muss ihre funktionalen Urteile über Spiele ergänzen durch ökonomische, politische, ethische, künstlerische und gesellschaftliche Urteile.

- Sie muss Plattformdenken ablegen und das Medium Spiel in all seinen Ausprägungen ernst nehmen.

- Sie muss neue Erzählweisen finden; sie muss Geschichten über Spiele erzählen, nicht nur Geschichten aus Spielen.

- Sie muss neue Themen aufspüren und journalistisch arbeiten, sie muss Geschehnisse hinterfragen, recherchieren und eigene Gedanken entwickeln. Sie muss sich als Kontrollinstanz für ihre Branche verstehen, nicht als Erfüllungsgehilfe der Industrie.

- Sie muss, kurzum, der Bedeutung des Mediums Videospiel Rechnung tragen. Dazu gehört, das engagierte Laientum, mit dem sie kokettiert, abzulegen und sich endlich zu professionalisieren.


Den vollständigen Artikel gibt es hier.


Update: Auf areagames.de findet sich eine Antwort auf Christian Schmidts Artikel verfasst von Alexander Laschewski-Voigt. In seiner Kolumne rechtfertigt Laschewski-Voigt den bisherigen Mainstream-Weg und schreibt damit das künstlerische Potenzial des Mediums systematisch herunter. Schade.


Kostprobe: »Der von Schmidt herbeigewünschte Weg zur stärkeren Reflexion über Spiele als Kulturgut hat allerdings einen Haken: Spiele sollen schlichtweg Spaß machen und Zeit totschlagen. Wer das noch junge Medium zu ernst nimmt, läuft Gefahr seine Leser auf diesem Wege zu verlieren.«


Update 2: Auf kaliban.de haben Gunnar Lott und Christian Schmidt eine Langfassung des SPON-Artikels veröffentlicht. Darin sind die Forderungen ausführlicher ausgearbeitet und mit Positiv-Beispielen angereichert.


Update 3: Christian Schmidts Ex-Kollege Mick Schnelle ist sauer. In einem offenen Brief antwortet er auf Schmidts Artikel auf SPON. Da klingt die Rede vom Nestbeschmutzer an: »dein Fehler ist die Verachtung deiner eigenen Zunft, deren Vertreter und – das finde ich das Schlimmste – deiner langjährigen Leserschaft.«. Oha. Das scheint tief zu sitzen.


Update 4: Petra Fröhlich antwortet sehr besonnen und sachlich; ebenfalls auf SPON. In ihrem Text findet sich das gute Argument: »Christian Schmidt will Videospiele als Medium mit gesellschaftlicher Aussagekraft, als Kulturgut und Kunstwerke verstanden wissen. Ich rate zu Aufrichtigkeit: Die allerwenigsten Spiele taugen für ökonomische, politische, ethische, künstlerische oder gesellschaftliche Urteile, wie im Übrigen auch die wenigsten Kinofilme, TV-Serien und Bücher. Wir reden von Fußballsimulationen, von Rennspielen, von Fantasy-Rollenspielen, von Science-Fiction-Strategiespielen, von Action-Abenteuern im Indiana-Jones-Stil, die einzig einem Zweck dienen: Entertainment und Zerstreuung.« Dennoch ändert es nichts an der Tatsache, dass es diese andere Ebene ja nun gibt – sie tritt vielleicht verhältnismäßig selten zu Tage, aber es gibt sie. Darüber geschrieben wird aber kaum.