Tipps vom Profi
Meet & Greet mit Martin Lorber
Junge Spieleentwickler und interessierte Gamer bekamen im Januar die Chance, den Marketing Insider Martin Lorber bei EA in Köln zu treffen und mit Fragen zu löchern. Im Gespräch kamen spannende Infos über YouTube Klickzahlen, PR-Krisenmanagement und die Demokratisierung des Game-Markts aus der Sicht eines Branchen-Experten ans Licht. Und für die Branchen-Neulinge gab es Tipps für Indie-Startups oben drauf.
Martin Lorber ist vieles zugleich. Er managt als PR-Direktor die Presseabteilung von Electronic Arts, hat einen Lehrauftrag für Public Relations an der Universität zu Köln und sitzt in mehreren Beiräten zu medienpädagogischen Themen. Als das Thema ›Jugendschutz und Spielekultur‹ im Unternehmen immer präsenter wurde, gründete er den Blog für digitale Spielekultur, eine Plattform, die neben der EA Website, die Welt der Computer- und Videospiele präsentiert, kritisch analysiert und interpretiert. Der Blog steht im Dialog mit Gamern, Gesellschaft, Forschung und Politik und versucht durch fundierte Informationen Hintergründe, Zusammenhänge und Entwicklungen aufzuzeigen.
»Zu Beginn der Jahrtausendwende wurde das Thema zunächst nicht ernst genommen,« sagt der erfahrene Pressemann. Zwar brachte EA als Vorreiter ein Magazin zu Kultur, Gesellschaft, Jugendschutz und weiteren relevanten Themen heraus, welches an Kunden verteilt wurde. Es war jedoch nicht klar, ob es überhaupt gelesen wurde und der Veröffentlichungsrhythmus von drei Monaten war für das rasend schnelle Internet viel zu lang. Also wurde die Geschäftsführung überzeugt − ein Internetmedium musste her − und so entstand der Blog.
Seit der Gründung 2009 hat die Website bei allen Gesellschaftsgruppen Vertrauen aufgebaut. Es besteht direkter Kontakt zu Spielenden, aber auch Eltern und Pädagogen können sich über die neuesten Entwicklungen informieren. Gerichtet ist der Blog auch an Entscheidungsträger – sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft, da Informationen aus allen möglichen Quellen in kurzen Beiträgen konzentriert und auch für Nicht-Spielende verständlich sind. »Ich bin ein Trüffelschwein« , sagt Martin Lorber, »ich suche die wichtigesten News, die Games, Kultur, Politik und Jugendschutz betreffen, zusammen und poste sie auf dem Blog.«
Im Leben eines PR-Beauftragten nimmt die Produktvermarktung einen großen Teil der Arbeitszeit ein. »Der Jugendschutz betrifft ca. ein Drittel meines Arbeitstages aber mein Tagesablauf schwankt von Woche zu Woche, je nachdem ob gerade ein Release oder eine Veranstaltung wie die Gamescom anstehen.« Martin Lorber und sein Team arbeiten eng mit den anderen Abteilungen, z.B. der Produktentwicklung zusammen. »Wir klären mit ihnen Jugendschutzfragen für Spielelemente und Trailer, schätzen das erwartete USK Rating ab und beraten, ob wir unterschiedliche Versionen für verschiedene Länder herausbringen.« Weitere Aufgabe sind das Online Content Management, die Betreuung von Journalisten und Interviewanfragen.
»Ein gutes Team ist enorm wichtig, und eine funktionierende Kommunikation zwischen PR-Managern und Abteilungen ausschlaggebend für den Erfolg von Projekten.« ›Integrated Communication‹ nennt Martin Lorber das. Wenn etwas Kritisches geschieht, »dann ist Krisenmanagement angesagt«. Damit meint er dem Umgang mit heiklen Themen, mit denen EA sehr vorsichtig umgeht. »Es ist wichtig vorbereitet und immer informiert zu sein, damit wir kompetent und sicher mit Journalistenanfragen umgehen können. Manchmal geben wir stündlich Pressemitteilungen heraus, damit wir unsere Unternehmensinterna schützen, aber so transparent wie nötig, die Lage aus unserer Sicht schildern können.« Eins hat der erfahrene Pressesprecher in den vielen Berufsjahren gelernt: »Je weniger Verkaufszahlen ein Spiel hat, desto weniger Diskussionen gibt's darüber − egal ob es sich um ein Sportspiel oder einen Action-Shooter handelt.«
Für Martin Lorber ist das aktuelle Jahrzehnt eine spannende Zeit. Dadurch, dass der Veröffentlichungsprozess viel einfacher und vor allem billiger geworden ist, wurde die Branche ordentlich durchgeschüttelt. Die Indie-Szene erlebt einen Boom. »Ohne Presswerk und komplizierte Vertriebswege ist der Markt demokratischer geworden und kleine Studios sind unabhängig von großen Entwicklern.« In der Praxis ist es für Indie-Entwickler natürlich immer noch schwierig, sich zu finanzieren und später ein fertiges Spiel zu veröffentlichen.
Der PR-Veteran hält ein paar Tipps parat. »Je unbekannter ein Unternehmen, desto kürzer ist die Aufmerksamkeitsspanne. Man sollte sich so kurz und knackig wie möglich präsentieren, um seinen Nachrichtenwert zu erhöhen.« Damit man durch das Marketing nicht den finanziellen Rahmen sprengt, sollte man die neuen Medien nutzen. »Die redaktionelle Fläche ist heutzutage riesig. Wenn man es schafft auf YouTube, Facebook und ähnlichen Kanälen präsent zu sein und von Bloggern und Let's Playern wahrgenommen zu werden, ist die Chance groß, auch von anderen Redaktionen erwähnt zu werden. Mit gut geschriebenen Statements erreicht man oft mehr als durch geschaltete Werbung.« Die Marketing-Messlatten ändern sich stetig. »Früher war es ein riesiger Erfolg in großen Tageszeitungen gedruckt zu werden, um die wichtigen Leute zu erreichen, heute schätzen wir YouTube Klickzahlen als mindestens genauso wichtig ein – da diese direkt von unserer potentiellen Käuferschaft stammen.«
Und was wird sich in der Spielekultur tun? »Es stellt sich die spannende Frage, was mit Mobile Games geschehen wird,« sagt Martin Lorber. Bis jetzt wurden Spiele von Institutionen wie dem Computerspielmuseum katalogisiert und bewahrt. »Vielleicht wird es bald eine Form des ›Social-Conserving‹ geben, das Mobile, Browser und Social-Media Games sichert und für die Nachwelt erhält. Das wäre eine neue archäologische Herausforderung.«
Bild oben: Wikimedia / Raymond Spekking
Bild unten: Valerie Quade