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Demoszene und Kunst
eine kontroverse Debatte

Tobias Kopka vom Verein Digitale Kultur e.V. äußert sich zu der kontroversen Frage des Kunststatus von Demos und kündigt an, worüber er auf der Next Level Conference am Dienstag, den 20. April in seinem Vortrag sprechen wird.


Sind Demos Kunst? Seitdem die Demoszene Anfang der Neunziger einen ästhetisch avancierten Status erreicht hat, wird diese Frage gestellt. De facto hat sich die Kunstwelt dazu entschlossen, Demos einen eigenen Status zuzugestehen, so gab es Ausstellungen im Wiener Museumsquartier, im Frankfurter Museum für Angewandte Kunst oder es sind Demos im New Yorker Museum of the Moving Image zu sehen. Damit wäre einer salopp-juristischen Definition von Kunst Genüge getan, im Sinne dessen, das etwas Kunst ist, wenn mehr als drei Experten eine Sache als Kunst ansehen.


Abgesehen davon, dass die Frage nach Kunst immer auf die Kunst zurückverweist und das Problem einer Kunstdefinition an sich existiert, so verschärft sie sich, wenn sie sich Gegenstandsbereichen zuwendet, die bisher in ihrer Domäne nicht wahrgenommen wurden. Auf der Gegenseite hat sich die Demoszene selbst lange als explizit nicht künstlerisch verstanden, Sätze wie »Kunst ist was für Leute, die nichts können«waren durchaus in der Szene zu vernehmen. Diese besonders in den Neunzigern kolportierte Arroganz und Ignoranz der Welten beruhte zwar wohl auf Gegenseitigkeit. Sie begründet sich aber auch in der systemimmantenten Techniklastigkeit der Demoproduktion.


Vergleichbar den Prozessen in der Spieleentwicklung ist Demoproduktion Softwareentwicklung. Demos entstehen meist unter der Federführung von Programmierern in Zusammenarbeit mit 2D- und 3D-Grafikern, sowie Musikern. Traditionell geben dabei oft die Programmierer den Ton an, wenngleich dabei gerne auch mal »Coderfarben« herauskamen, frei nach dem Motto: »Rot, Grün, Blau - ist doch hübsch so...«. Selbst wenn sich das nach Klischee anhört, vielen Codern in der Demoszene geht bzw. ging es vornehmlich um den kreativen Wettbewerb ihrer Programmierkunst mit dem anderer Demoentwickler, so z.B. darum, möglichst neuartige schicke Effekte mit wenig Ressourcen zu produzieren, so in einem Megabyte, 64 Kilobyte oder in 4 Kilobyte das gesamte Intro bzw. Demo zu entwickeln.  Wenn das, was dabei herauskommt, nunja, auch für externe Betrachter schön aussieht, Design und Flow hat, dann ist das ok und wird willkommen geheißen - ist aber nicht essentiell notwendig. Denn was wirklich zählt ist das Votum der anderen Demoentwickler und Demogruppen, denn das sind diejenigen, die wirklich verstehen, was ein Entwickler tut, was daran besonders ist und warum dem Respekt gebührt – oder auch nicht. In anderen Worten: es geht, vergleichbar mit der Grafitti-Szene, vor allem um die Credibility vor der eigenen Szene, neudeutsch Community.


Der dominante Technik- und Coder-Fokus hat sich allerdings im Laufe der Jahre gelockert, entweder haben die Programmierer selbst Gespür entwickelt oder sich »Ästheten« an ihre Seite geholt, und es gibt immer mehr Demos, die sich nicht nur dem rein technischen pushing the boundary verschreiben, sondern vor allem ästhetisch begriffen werden wollen. Oder es gibt im Idealfall Demos, die in beiden Disziplinen, technisch, wie ästhetisch, state of the art sind.


Von solchen, solchen und solchen soll im Vortrag die Rede sein und die Zuschauer werden aktuellen, wie auch älteren Demos begegnen können, so dass sie sich ein eigenes Bild abseits von Definitionsfragen machen können. Am Ende stellen sie womöglich fest, dass die Frage, ob Demos Kunst sind, ähnlich sinnlos ist, wie die Frage danach, ob Youtube-Videos, Videospiele oder Sonette Kunst sind.


Um die Eingangsfrage zu beantworten: manchmal ja, manchmal nein, - den Demoentwicklern selbst ist diese Definition meistens herzlich egal. Wenn man es doch entscheiden wollte, empfiehlt sich ein offener Kunstbegriff, wie zum Beispiel dieser hier: "Das kennzeichnende Merkmal einer künstlerischen Äußerung liegt darin, dass es wegen der Mannigfaltigkeit ihres Aussagegehalts möglich ist, der Darstellung im Wege einer fortgesetzten Interpretation immer weiterreichende Bedeutung zu entnehmen. Kunst liegt daher vor, wenn das Werk interpretationsfähig und -bedürftig sowie vielfältigen Interpretationen zugänglich ist." (BVerfGE 67, 213, 226)


Neben dem Vortrag ist Digitale Kultur e.V. auf der Next-Level-Conference mit eigenem Stand vertreten. Hier gibt's, neben einer neuen interaktiven Demo-Installation, Demos aus verschiedenen Epochen der Computerentwicklung  (C64, Amiga, PC, Playstation etc.) zu sehen und es werden Leute aus der Demoszene am Stand sein. Frei nach dem Motto »Watching a  demo, having a beer...«, einfach mal vorbeikommen.


Links:

Realtime Generation, Dvision, Ausstellung Museumsquartier Wien, 2008: 

http://www.dvision.at/ge/festival08/realtime-generation.html

Origami Digital, Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst, 2002: 

http://www.digitalcraft.org/index.php?artikel_id=395

Der Demoszene-Verein Digitale Kultur e.V., beheimatet in Köln: 

http://www.digitalekultur.org/de/

Die Demoszene-Party Evoke in Köln, 27.-29. August 2010, Abenteuerhallen Kalk: 

http://www.evoke.eu/2010/


Videos von oben nach unten:

Demo: Metamorphosis der Gruppe ASD, released auf der Breakpoint 2008.

64k-Intro Heaven7 der Gruppe Exceed, released auf der Mekka/Symposium 2000.

Demo: Rove der Gruppe Farbrausch, released auf der Breakpoint 2010.

Demo: Chameleon der Gruppe ASD, released auf der Evoke 2009.