Bist du mediensüchtig?
Online-Umfrage des Bundestags
Für viele heutzutage fast unglaublich, doch es gab sie tatsächlich, die hitzigen Debatten um die gefährliche Lesesucht. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts kamen gesellschaftliche Diskussionen über Folgeschäden des »ungehemmten Medienkonsums« auf.
Die Entwicklung des modernen Bürgertums, das über Bildung, Geld und Freizeit verfügte, beförderte auch die Verbreitung des Lesens. Buchproduktion und Buchhandel weiteten sich aus und es entstanden neben ersten freien Schriftstellern auch Lesegesellschaften und Leihbibliotheken. Damit wurden Bücher mehr Menschen zugänglich und gleichzeitig Konsumgut.
»Lesesucht, die Sucht, d.h. die unmäßige, ungeregelte auf Kosten anderer nöthiger Beschäftigungen befriedigte Begierde zu lesen, sich durch Bücherlesen zu vergnügen.«
Doch mit der Ausweitung des Lesens entstand auch eine Lesekritik, nämlich die an der Romanlektüre. Romane seien »realitätsfremd und –verfälschend, unmoralisch, zeitverschwendend und pflichtvergessend.« Lesen sollte einem didaktischen Zweck folgen und der Erbauung und Belehrung dienen. Vergnügen am Lesen wurde häufig missbilligt. Es entstanden Begriffe wie Lesesucht und Lesewut.
Für Historiker*innen und Literaturwissenschaftler*innen sind die Sucht-Diskussionen, die neue Medienformen mit sich bringen, nichts Neues. Viele Argumente, die in der Online-Sucht-Debatte auftauchen, wurden bereits früher und/oder in anderen Kontexten bemüht. Und doch ist dies kein Grund, das Suchtpotenzial abzutun oder gar zu negieren.
Entsprechend hat der Deutsche Bundestag eine Umfrage zum Thema: »Neue elektronische Medien und Gefahrenpotenziale exzessiver Nutzung« in Auftrag gegeben. Noch bis zum 9. Juli 2015 können sich alle Interessierten beteiligen. »Die Umfrage richtet sich sowohl an Akteure aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Medien, Umwelt und Zivilgesellschaft als auch an interessierte Bürger/-innen. Expertenwissen ist für die Beantwortung der Fragen nicht erforderlich. Die Beantwortung des Fragebogens dauert in der Regel maximal 15 Minuten.«
Hier geht es zur Online-Umfrage.
Bild: Edward Hopper, Hotel Room, 1931,
Öl auf Leinwand, 152,4 x 165,1 cm,
Madrid, Sammlung Thyssen-Bornemisza